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Im Jahr 1143 begann die Besiedlung Siebenbürgens durch deutsche Einwanderer. So entstand im Karpatenbogen die östlichste deutsche Sprachinsel des Mittelalters. Die Siedler wurden Sachsen genannt, stammten jedoch aus dem Rhein- und Moselbereich, aus Flandern, Lothringen, dem Elsass und Luxemburg. Die ersten wurden wie die Zipser Sachsen durch König Géza II. von Ungarn berufen, auf „Königsboden“ angesiedelt und mit Privilegien ausgestattet. Diese Freibriefe, darunter das von Andreas II. 1224 unterzeichnete „Andreanum“, verliehen den Siedlern mehr Rechte, als je einer deutschen Gruppe in Osteuropa gewährt wurden. Die Siedler sollten die Ostgrenzen Ungarns sichern und das Land wirtschaftlich erschließen. Sie gründeten 300 meist mit den charakteristischen Kirchenburgen bewehrte Dörfer und als Stützpunkte des Fernhandels eine Reihe von Städten. Dazu gehören Hermannstadt, Kronstadt, Schäßburg und Bistritz. Siebenbürgen ist der östlichste Teil Europas, in denen die Städte ein mitteleuropäisches Gepräge tragen.
Die Geschicke des Landes bestimmten die drei größten hier beheimateten Ethnien: die Ungarn, die Deutschen und die Rumänen. Von der Landesverwaltung ausgeschlossen waren die Sinti und Roma, die ebenfalls eine große Volksgruppe stellten. Zu den alteingesessenen, seit der Reformation streng lutherischen Siebenbürger Sachsen traten im 18. Jahrhundert die Landler, die als Protestanten aus ihrer österreichischen Heimat vertrieben worden waren. Ab 1867 kam es zum Versuch einer allmählichen Magyarisierung. Nach 1918, als sich die Siebenbürger Sachsen freiwillig Rumänien angeschlossen hatten, folgte eine Romanisierung, gegen die sich die ökonomisch starke sowie politisch und kulturell gut organisierte Minderheit mit Erfolg zur Wehr setzte. Um 1910 lebten etwa 250.000, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges knapp 300.000 Deutsche in Siebenbürgen.
Die überwiegend wohlhabenden siebenbürgisch-sächsischen Bauern orientierten sich vielfach am Lebensstil des städtischen Patriziates, etwa bei der barocken Bauzier ihrer Häuser. Das war nicht ungewöhnlich, denn überall in Europa folgten reiche Bauern dem Stilvorbild von Adel und Bürgertum.
Augenfälligster Ausdruck des Reichtums siebenbürgisch-sächsischer Bauern war der Besitz zahlreicher Schmuckstücke, die die Frauen, die Mädchen und besonders die Bräute trugen. Ihr Schmuck imitierte den der städtischen Oberschicht, wie er spätestens seit dem 17. Jahrhundert auf Gemälden nachweisbar ist. Dieser wiederum war stärker von tatarischem und osmanischem Geschmeide als von westeuropäischen Schmuckstücken beeinflusst. Gründe dafür waren die orientalischen Handelsbeziehungen siebenbürgischer Kaufleute. Zum typischen Frauenschmuck zählten Hals-, Brust- und Ohrschmuck sowie Haarnadeln und prachtvolle Gürtel. Der Schmuck war aus teils vergoldetem Silber und Edelsteinen, bei weniger wohlhabenden Bauern auch aus Glas gearbeitet. Ungeschriebene Gesetze legten fest, wer welchen Schmuck bei welcher Gelegenheit tragen durfte. Der Schmuckreichtum korrespondierte mit dem Reichtum textiler Ornamente der bäuerlichen Trachten.
Die Kirchenburgen Siebenbürgens zählen zu den eindrucksvollsten architektonischen Zeugnissen mittelalterlicher Architektur in Europa. Heute existieren noch knapp 200 dieser mit einer Befestigungsanlage umgebenen Wehrkirchen. Ihren mittelalterlichen Erbauern boten sie Schutz in kriegerischen Zeiten. Mauern, Wehrtürme und Schießscharten dienten der Abwehr der Feinde. Umfangreiche Speicherräume und große Innenhöfe boten Platz für Vorräte und Vieh.
Die Siebenbürger Sachsen wurden von den Königen Ungarns zur Sicherung der Ostgrenze des Königreichs vor feindlichen Einfällen angesiedelt. Auch in anderen Teilen Europas gibt es Kirchenburgen, doch in Siebenbürgen ist ihre Zahl besonders hoch. Etwa ein Dutzend Kirchenburgen gehören heute zum Weltkulturerbe der UNESCO. Doch ihre zukünftige Funktion ist ungeklärt. Seit dem Wegzug der Mehrheit der Siebenbürger Sachsen ist unsicher, wie lange die kleinen Restgemeinden die evangelischen Gotteshäuser noch unterhalten können.
Nach der militärischen Verdrängung der Osmanen aus Ungarn ab 1683 siedelten die österreichische Regierung und private Grundherren systematisch deutsche Siedler in der Region um die mittlere Donau an. Sie stammten vor allem aus Südwestdeutschland. Die Besiedlung erfolgte in mehreren Wellen („Schwabenzügen“) bis etwa 1790. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wurde für sie der Begriff „Donauschwaben“ geprägt.
Die sich am Merkantilismus orientierende Politik des Wiener Hofes sah den Staat als Akteur: Planung und Durchführung der Ansiedlung spiegelten die Denkweisen von Rationalismus und Aufklärung. Wien hatte gezielte Erwartungen an die Siedler, nämlich eine Stärkung des absolutistischen und zentralistischen Staates. Das erklärt ihre Auswahl hinsichtlich des konfessionellen, ethnischen und ökonomischen Hintergrundes. Auf dem Reißbrett entstandene Siedlungen, Gehöfte und Kommunalbauten entsprachen den Maßgaben von Normierung und Kontrolle. Bis 1918 gehörten die Gebiete zu Ungarn, danach durch neue Grenzziehung zu Ungarn, Rumänien und Jugoslawien (heute zu Serbien und Kroatien).
Bodenqualität und Bewirtschaftung machten die donauschwäbische Landwirtschaft zur leistungsfähigsten Südosteuropas. Die Donauschwaben waren dafür bekannt, Verfahren und Arbeitsprozesse zu optimieren, neue Technologien frühzeitig anzuwenden und Erträge zu steigern. Auch ländliches Kleingewerbe und städtisches Handwerk zählten zu ihrer ökonomischen Basis. Nach 1867 erfolgte besonders in den Städten eine Magyarisierung der Deutschen. Um 1940 gab es etwa 1,25 Mio. Donauschwaben. In Ungarn und Rumänien gibt es bis heute kleine, in Serbien und Kroatien kleinste Minderheiten von Deutschen.
Die Ansiedlungspatente verschafften den deutschen Kolonisten günstige Startbedingungen in einer schwierigen naturräumlichen Umgebung. Von der Leibeigenschaft weitgehend befreit, gingen die Kolonisten an die Kultivierung des Landes. Nachdem die Sümpfe im Banat und in der „Schwäbischen Türkei“ im heutigen südwestlichen Ungarn trockengelegt, das Hochwasser an Donau und Theiß eingedämmt und im ungarischen Mittelgebirge durch Rodung Land gewonnen war, erfuhr die Land- und Viehwirtschaft einen enormen Aufschwung. Die exzellente Bodenqualität und die Bewirtschaftung durch Fruchtwechsel waren die Voraussetzungen für die hohen Erträge. Dabei verstanden es die Siedler, die klimatischen und naturräumlichen Bedingungen optimal zu nutzen. Auf der dunklen Humuserde wurde vor allem Weizen angebaut. Neben dem „Banater Gold“ bildeten darüber hinaus der Mais- und Hanfanbau die Schwerpunkte der Landwirtschaft. Mit neuen technischen Entwicklungsschüben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten die Bauern ihre Erträge weiter steigern und ihre Produkte nun überregional exportieren. Bis zum Zweiten Weltkrieg warfen die verschiedenen Zweige der Landwirtschaft hohe Profite ab.
Die Ansiedlungen des 18./19. Jahrhunderts sind als Umsetzung absolutistischer Staatsvorstellungen zu verstehen. Die Siedlungen wurden zumeist planmäßig angelegt. Damit suchte der Wiener Hof eine Kolonisation umzusetzen, die von rationalen Erwägungen geleitet war. Die am Reißbrett entworfenen Dörfer galten als die geeignetste Form zur Erschließung des Landes. Zudem sollte die geometrische Erscheinung der Siedlungen die zentralistischen Bemühungen des Staates stärken und widerspiegeln.
Die großzügig angelegten, bis zu 40 Metern breiten Straßen waren in der Regel zu beiden Seiten von Maulbeer- und Akazienbäumen gesäumt. Den Siedlern wurden rechteckige Grundstücke zugeteilt, die etwa 25 Meter breit und 60 bis 70 Meter lang waren. Auch Baumaterialien, zum Teil sogar fertige Kolonistenhäuser wurden den Neuankömmlingen zur Verfügung gestellt. Die Parzellen mit Wohn- und Wirtschaftshof sowie einem ausgedehnten Obst- und Gemüsegarten entwickelten dabei einen typisch donauschwäbischen Stil.
Auch der soziale Aufbau des Dorfes fand seinen Ausdruck in der Anlage nach Plan: Die kirchlichen und weltlichen Gebäude gruppierten sich um den Dorfplatz als Mittelpunkt des dörflichen Lebens.