Böhmen und Mähren

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Reichenberg, Rathaus
Reichenberg, Rathaus
Ausstellungswand zu Böhmen und Mähren
Ausstellungswand zu Böhmen und Mähren

Böhmen und Mähren

Das Böhmische Becken war von alters her Begegnungsraum verschiedener Völker: Kelten, Germanen und Slawen siedelten sich dort an. Im Mittelalter lud das tschechische Herrschergeschlecht der Přemysliden Deutsche ein, sich in Böhmen und Mähren niederzulassen. Es garantierte ihnen dafür bestimmte Rechte sowie ihre sprachliche und kulturelle Eigenständigkeit. Im Jahr 1176 erließ Herzog Sobieslaw von Böhmen seinen berühmten Freiheitsbrief für die Prager Deutschen. Ihren Höhepunkt erreichte die mittelalterliche deutsche Siedlungsbewegung in den Böhmischen Ländern im 13. Jahrhundert unter König Přemysl Ottokar II.

Die kulturelle Bedeutung der Deutschen für Böhmen, Mähren und Sudetenschlesien – historische Länder der heutigen Tschechischen Republik – lässt sich im Rahmen dieser Ausstellung nicht annähernd erfassen. Ihre Zahl war absolut und prozentual höher als in den übrigen hier vorgestellten Gebieten. Laut Volkszählung von 1910 lebten in dem Gebiet etwa 3,25 Mio. Deutsche. Das entsprach einem Anteil von knapp einem Drittel der Bevölkerung. In den direkt an das deutsche Sprachgebiet angrenzenden Randgebieten Böhmens und Mährens, also an den Grenzen zu Bayern, Sachsen, Schlesien und Österreich, lebten die Deutschen in geschlossenen Siedlungsgebieten. Ihr Anteil betrug hier über 90 Prozent. Daneben gab es deutsche Sprachinseln im tschechisch besiedelten Landesinneren wie den Schönhengstgau oder die Gegend um Iglau. Der deutsche Anteil der Prager Bevölkerung schwankte im Laufe der Geschichte, im 19. und frühen 20. Jahrhundert verringerte er sich erheblich. 1945 lebten noch etwa 42.000 alteingesessene Deutsche in Prag. Auch die mährische Kapitale Brünn hatte bis 1945 eine ökonomisch und kulturell bedeutende deutsche Einwohnerschaft. Für alle diese Menschen wurde Ende des 19. Jahrhunderts der Begriff „Sudetendeutsche“ gebräuchlich.

Bäderkultur

Karlsbad, Marienbad und Franzensbad gehören zu den berühmtesten Kurorten der Welt. Die Heilwirkung der Thermalquellen war schon im Mittelalter bekannt. 1370 erhob der böhmische König und römisch-deutsche Kaiser Karl IV. das nach ihm benannte Karlsbad zur Königsstadt. Seitdem kamen Besucher von weit her, um Linderung ihrer Leiden zu suchen. Sie nutzten die heißen Quellen zunächst für Bäder, ab dem 16. Jahrhundert auch für Trinkkuren.

Marienbads Quellen waren den Mönchen des nahen Klosters Tepl seit Jahrhunderten bekannt. Die Gründung des Badeortes erfolgte jedoch erst 1813. Franzensbad wurde 1793 während der Herrschaft Franz’ II. als Kurort gegründet und nach ihm benannt. Schon seit dem 17. Jahrhundert hatte die nahegelegene Stadt Eger das Wasser der dort entspringenden Quelle verkauft.

Mit dem Anschluss an die Eisenbahn 1870 nahm der Badebetrieb einen enormen Aufschwung. Karlsbad und Marienbad wurden mit großstädtisch anmutenden Prachtbauten zu mondänen Treffpunkten der europäischen High Society, während Franzensbad beschaulich blieb. Europas Herrscher trafen sich in den Kurorten zu informellen Gesprächen und offiziellen Konferenzen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts verbreitete sich das Kuren auch bei Angehörigen des Bürgertums.

Frühpromenade an der Mühlenkolonnade
Frühpromenade an der Mühlenkolonnade
Karlsbader Sprudelbecher
Karlsbader Sprudelbecher
Bleikristall aus Böhmen
Bleikristall aus Böhmen
Bleikristall aus Böhmen - Detail
Bleikristall aus Böhmen - Detail

Die Ressource Wald

Die deutschen Siedler ließen sich hauptsächlich in den von riesigen Wäldern bedeckten Randgebieten Böhmens und Mährens nieder. Holz und Erze waren dort die wichtigsten Ressourcen. Obwohl die Laienbrüder der Klöster und die Siedler in großem Umfang Wälder rodeten, blieben Teile des Böhmerwaldes und der anderen von Deutschen kultivierten Landstriche stets Urwald. Viele Hochlagen waren für die Landwirtschaft kaum geeignet. Vor allem der Böhmerwald ermöglichte dagegen eine hochentwickelte Holzwirtschaft. Über den Schwarzenberg-Kanal konnte Brenn- und Bauholz in die Donau und bis nach Wien geschwemmt werden. Moldauabwärts gelangten die Flöße nach Prag. Köhlereien, Papiermühlen, Glashütten, Möbelfabriken und Werkstätten zum Bau von Musikinstrumenten aus Holz zählten zu den typischen Spezialindustrien. Das sächsisch-böhmische Erzgebirge gehörte seit dem Mittelalter zu den wichtigen Bergbauregionen Europas. Später interessierte sich auch Johann Wolfgang von Goethe für Böhmens Geologie.

Böhmisches Bleikristall erlangte als Luxusexportgut Weltruhm. Auch Rubinglas und andere Farbgläser galten als böhmische Spezialität. Nordböhmen wurde zum Zentrum bedeutender Glas-, Schmuck- und Textilindustrien. Die böhmischen Länder insgesamt bildeten das industrielle Herz der Habsburger Monarchie.

Holzrücken mit Hörnerschlitten
Holzrücken mit Hörnerschlitten
Kohlenbergbau
Kohlenbergbau
Kristallschleifer
Kristallschleifer